Ergebnisse der Herbstsitzungen des Wissenschaftsrates
Mainz, 23. – 25. Oktober 2013
Mit Blick auf die gerade beginnenden Koalitionsverhandlungen appellierte der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Wolfgang Marquardt, anlässlich der Herbstsitzungen des Gremiums an die Politik, die Rahmenbedingungen von Bildung und Forschung bei ihren Gesprächen zu einem zentralen Thema zu machen. „Das Land braucht schleunigst einen Zukunftspakt, in dem Bund und Länder die wichtigsten Maßnahmen miteinander verabreden und für die Jahre bis 2025 einen verbindlichen Rahmen festschreiben“, so Marquardt.
Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die bereits im Juli dieses Jahres im Wissenschaftsrat von Bund und Ländern gemeinsam mit Vertretern der Wissenschaft entwickelten Perspektiven für das deutsche Wissenschaftssystem. Marquardt zu den dort formulierten zentralen Forderungen:
„Erstens: Die Hochschulen brauchen dringend verlässliche Steigerungen ihrer Grundhaushalte. Mit immer mehr unsicheren Projektfinanzierungen werden sie ihre Leistungsfähigkeit nicht nachhaltig steigern können. Diese Forderung wird von allen wichtigen Akteuren der Wissenschaft mitgetragen. Zweitens: Die Erfolge der Exzellenzinitiative dürfen nicht ‚verpuffen’. Sie müssen in den nächsten Jahren abgesichert und zum Nutzen der gesamten Wissenschaft weiterentwickelt werden. Drittens: Wissenschaft ist nicht nur Forschung. Wir brauchen ein System, in dem vor allem die Lehre, aber auch Infrastruktur- und Transferleistungen mehr Ansehen genießen und bessere Förderung erhalten. Viertens: Der Bund muss sich dauerhaft und substantiell an der Finanzierung und Gestaltung von Wissenschaft, insbesondere der Hochschulen, beteiligen. Dafür sind die nötigen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.“
Zu den Ergebnissen der Herbstsitzungen des Wissenschaftsrates im Einzelnen:
Das Wissenschaftssystem des Landes Bremen mit einer Universität, zwei Fachhochschulen, einer Kunst- und Musikhochschule und zahlreichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist leistungsstark und funktionstüchtig. Die Bremer Hochschulen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Ausbildungs- und Fachkräftebedarfs im Land und darüber hinaus. Für die Forschungsstärke der Hochschulen des Landes sprechen ihr hohes Drittmittelaufkommen und das gute Abschneiden der Universität in der Exzellenzinitiative. Die zahlreichen außeruniversitären Forschungsinstitute – sowohl die von Bund und Ländern geförderten als auch die des Landes Bremen – leisten einen erheblichen Beitrag zu den Bremer Forschungserfolgen. Ungeachtet dieser positiven Bilanz, die der Wissenschaftsrat in seiner Gesamtbetrachtung des Bremer Wissenschaftssystems zieht, werden jedoch auch einige fundamentale Probleme erkennbar, die der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme im Einzelnen benennt.
Die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Internationalisierung des deutschen Wissenschaftssystems. Mit der Vergabe von Stipendien und Preisen gelingt es der AvH seit vielen Jahren, herausragende ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf allen Karrierestufen nach der Promotion für einen Forschungsaufenthalt in Deutschland zu gewinnen, darunter 50 spätere Nobelpreisträger. Damit stärkt die AvH die internationale Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandortes Deutschland und die Einbindung der deutschen Forschung in die globale wissenschaftliche Zusammenarbeit.
Beschlossen wurde, das vom Wissenschaftsrat konzipierte und in vier Fächern (Chemie, Soziologie, Elektro- und Informationstechnik, Anglistik und Amerikanistik) seit 2005 eingehend erprobte Verfahren des Forschungsratings fortzuführen und auszuweiten. Zukünftig will der Wissenschaftsrat das Forschungsrating auf alle Fächergruppen ausdehnen (Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Geisteswissenschaften und Medizin). In der Startphase der Ausweitung des Forschungsratings, die den ersten kompletten Bewertungszyklus umfasst, wird der Wissenschaftsrat die Verantwortung, insbesondere für die Konzeption, für die Auswahl der Fächer und den Begutachtungsprozess übernehmen.
In einem Positionspapier zur Entwicklung des dualen Studiums hat der Wissenschaftsrat eine Sortierung des dualen Studienangebotes vorgenommen und zahlreiche Empfehlungen zur weiteren funktionalen Gestaltung dieses Segments ausgesprochen. Ziel der dualen Studiengänge ist eine Doppelqualifizierung der Absolventinnen und Absolventen durch die Verbindung von wissenschafts- und praxisnahen Ausbildungsanteilen. Die Empfehlungen richten sich nicht nur an die akademischen Anbieter wie Hochschulen und Berufsakademien, sondern auch an die Praxispartner, zu denen von Großunternehmen über Mittelständler bis hin zu sozialen Einrichtungen ganz verschiedene Kooperationspartner zählen.
Drei Jahre nach Abschluss seiner Evaluation von mehr als 40 Ressortforschungseinrichtungen des Bundes zieht der Wissenschaftsrat eine insgesamt positive Bilanz. „Die Begutachtungen haben vieles in Bewegung gesetzt und die Leistungen der Ressortforschungseinrichtungen sichtbarer gemacht. Im Anschluss an die Evaluationen haben zahlreiche Einrichtungen strukturelle Veränderungen vorgenommen und Maßnahmen eingeleitet, die zur weiteren Qualitätsverbesserung ihrer Forschungsleistungen sowie der darauf aufbauenden Beratungs- und Serviceleistungen beitragen können“, fasst Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, die Entwicklungen der vergangenen Jahre zusammen. Dieses Resümee stützt sich auf die Berichte der Bundesministerien zur Umsetzung von Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Auf seinen Herbstsitzungen in Mainz hat der Wissenschaftsrat über weitere sechs solcher Umsetzungsberichte beraten, darunter drei aus dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg).
Im Rahmen der Institutionellen Akkreditierung bzw. Reakkreditierung wurden acht Verfahren beraten und positiv entschieden: SRH Hochschule für Logistik und Wirtschaft, Hamm; Freie Theologische Hochschule Gießen (FTH); Fachhochschule für Sport und Management Potsdam (FHSMP); Hochschule für Angewandte Sprachen – Fachhochschule des SDI, München; BEST-Sabel-Hochschule (BSH), Berlin; HSBA Hamburg School of Business Administration; Fachhochschule der Diakonie (FHdD), Bielefeld.
Hinweis: Die genannten Empfehlungen und Stellungnahmen werden im Netz als Volltext veröffentlicht, sie können aber auch bei der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates per E‑Mail (post(at)wissenschaftsrat.de) angefordert werden.
Quelle: http://www.wissenschaftsrat.de, Köln, PM 27/2013