Nationaler Bildungsrat gefordert
Grundstruktur des Schulsystems für alle Bundesländer soll definiert werden
Bildungsexperten haben am 22.05.2012 in Berlin ein detailliertes Konzept für einen Nationalen Bildungsrat vorgestellt. Vorbild ist der Wissenschaftsrat, in dem Fachleute gemeinsam mit Bundes- und Landespolitikern bislang erfolgreich arbeiten.
Die Expertenrunde um den früheren Generalsekretär der Kultusministerkonferenz Prof. Erich Thies und den Senator a.D. für Bildung, Wissenschaft und Forschung Jürgen Zöllner wurde im Oktober 2011 von der Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit der Deutsche Telekom Stiftung eingeladen, um die Arbeit an dem Modell für den Bildungsrat aufzunehmen.
Vorbild ist der Wissenschaftsrat, in dem Fachleute gemeinsam mit Bundes- und Landespolitikern sehr erfolgreich inhaltliche Themen und Strukturfragen der Hochschul- und Forschungspolitik bearbeiten. Die Autoren des heute vorgestellten Plädoyers sind sich einig, dass ein ähnlich aufgestellter Bildungsrat dazu beitragen kann, wichtige Reformen des deutschen Bildungssystems voranzubringen. “Ein Nationaler Bildungsrat ermöglicht zukunftsfähige Lösungen und stärkt das föderale Bildungssystem”, betonte Prof. Erich Thies auf der Pressekonferenz.
Das deutsche Bildungssystem weist nach Meinung der Experten Schwächen auf:
- ein immer noch bestehendes Leistungsdefizit, wie es die internationalen und auch nationalen Vergleichsstudien belegen,
- ein Gerechtigkeitsdefizit, wie es der zu enge Zusammenhang von Bildung und sozialer Herkunft darstellt
- sowie ein Steuerungsdefizit, wie sich angesichts der Schwierigkeiten erweist, auf die Probleme angemessen und nachhaltig zu reagieren.
Die Ursache der Probleme wird in der öffentlichen Debatte eng mit der jetzigen Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern verknüpft. Nach Meinung der Experten verkennt die Fixierung auf die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich die Komplexität der Ursachen. Durch die direkte Zusammenarbeit von Fachleuten und Politik in einem Nationalen Bildungsrat könnten gemeinsame Entscheidungen der Bundesländer sinnvoll vorbereitet werden. Dieser Weg würde somit einen nationalen Konsens und Akzeptanz in der Bevölkerung fördern.
Beispielhaft nennen die Experten eine Reihe von Themen, zu denen der Bildungsrat wichtige Impulse geben könnte:
- Definition einer Grundstruktur des Schulsystems für alle Bundesländer
- Finanzierungsrelevante Empfehlungen zu geplanten Projekten im Bildungsbereich
- Verbesserung der Lehrerbildung
- Kompetenzordnung im Bildungswesen
Für die Zusammensetzung des Gremiums empfehlen die Experten das Zweikammersystem, das sich beim Wissenschaftsrat bewährt hat. In der einen Kammer sitzen die Vertreter des Bundes und der Länder, in der anderen Kammer die Experten bzw. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Auch beim Bildungsrat sollte die Berufung der wissenschaftlichen Mitglieder und der Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens durch den Bundespräsidenten erfolgen.
Damit ein künftiger Nationaler Bildungsrat Erfolg haben kann, müssen nach Meinung der Experten mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:
- Besetzung mit hochqualifizierten und glaubwürdigen Persönlichkeiten
- Beteiligung der Verantwortlichen in Bund und Ländern
- Klare Definition der Aufgaben und Kompetenzen
- nur Verabschiedung gemeinsamer Empfehlungen möglich (Konsensprinzip)
- Ressourcen für eigene Analysen und Monitoring der Umsetzung
- Kontinuität, d.h. Einrichtung für zunächst sieben Jahre
Sollte es nicht gelingen einen Nationalen Bildungsrat durchzusetzen, befürchten die Experten, dass das föderale Bildungssystem auch im internationalen Vergleich nicht zukunftsfähig sein kann. Ein Nationaler Bildungsrat könnte der Schlüssel zu einem erfolgreichen kooperativen Bildungsföderalismus sein, da er neben den verantwortlichen Ländern, den Bund und Bildungsexperten aus Wissenschaft und Praxis einbezieht und an einem Ort politisch sichtbar versammelt.
Die Autoren des Plädoyers für einen Nationalen Bildungsrat sind:
- Prof. Dr. Jürgen Baumert, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
- Prof. Dr. jur. Armin Dittmann, Lehrstuhl für Öffentliches Recht am Institut für Rechts- und Sozialwissenschaften, Universität Hohenheim, Stuttgart
- Prof. Dr. Jürgen Oelkers, Lehrstuhl für allgemeine Pädagogik am Institut für Erziehungswissenschaften, Universität Zürich
- Helmut Rau, MdL Baden-Württemberg, Minister a.D.
- Prof. em. Dr. Heinz-Elmar Tenorth, Lehrstuhl für historische Erziehungswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin
- Prof. Dr. Erich Thies, Generalsekretär a.D. der Kultusministerkonferenz
- Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Senator a.D. für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Quelle: http://bildungsklick.de